Bildausschnitt wählen

Für die Auswahl des Bild-Ausschnittes dürfen wir ein paar Grundregeln beachten. Diese dienen vor allem dafür, Blick und Gefühl für einen gelungenen Bild-Aufbau zu schulen. Man kann es mit all zu strenger Beachtung der Regeln auch übertreiben.
 

Der goldene Schnitt

Der goldene Schnitt ist eine harmonische Proportion von zwei Strecken, die auch für den Bild-Aufbau gilt.

Das Verhältnis des Goldenen Schnittes erreichen wir, indem wir eine Strecke so in zwei ungleiche Abschnitte (Major und Minor) teilen, dass das Verhältnis der Gesamtstrecke zum größeren Abschnitt gleich ist, wie das Verhältnis des größeren zum kleineren. Diese Teilung lässt sich unendlich fortsetzen und ergibt ein Verhältnis von 1:1,61803. Im Allgemeinen reicht es, wenn wir von einem Verhältnis von 5:8 bzw. 2:3 ausgehen.


Seitenverhältnis des Gesamt-Bildes

Der goldene Schnitt bildet die Grundlage für die Festlegung von Breite und Höhe des Bildes. Daraus ergibt sich das übliche Foto-Format im Ausmaß 2:3.

Die Auswahl von Hoch- oder Querformat hängt davon ab, welche Wirkung wir mit dem Bild erzielen wollen. Die längeren Seite des Bildes unterstützt in ihrer Wirkung jene Linien, die in dieser Richtung verlaufen. Die kürzere Seite schwächt Linien, die in deren Richtung verlaufen, ab.

Das Hochformat lässt ein Bild näher und dynamischer wirken. Die Wirkung der Entfernung von Vordergrund und Hintergrund kommt im Hochformat stärker zur Geltung. Im konkreten Beispiel unterstützt die Abbildung im Hochformat auch den Ausdruck des Aufragens der beiden Türme.

Für das Querformat entscheiden wir uns, wenn ein Bild eher statisch und ruhig wirken soll. Das Querformat eignet sich grundsätzlich gut für Landschaftsaufnahmen, weil dieses das Ausschnitt-hafte nicht so sehr betont.


Raum-Wirkung

Um ein Objekt als solches zu zeigen, macht es Sinn, dieses weitestgehend bildfüllend darzustellen. Damit wir die räumliche Wirkung eines abgebildeten Objektes zeigen können, ist es erforderlich, dass das Bild auch einen Teil der umgebenden Landschaft bzw. Himmel zeigt. Der Anteil des umgebenden Raumes zum Objekt selbst wäre wiederum im Verhältnis des goldenen Schnittes zu wählen. Dabei gibt es einen Bereich (links-rechts bzw. oben-unten) der den größeren bzw. kleineren Teil der Umgebung beinhalten soll.

Bei einem Portrait soll der größere Teil des umgebenden Raumes in Blickrichtung der abgebildeten Person sein.

Auch Gebäude wirken auf uns, als hätten sie ein Gesicht mit einer Blickrichtung. Markante Bereiche - hier im Beispiel die Fenster der beiden Türme - empfinden wir wie Augen. Dementsprechend können wir Objekte, Landschaften, ... porträtieren.

Bei Objekten in Bewegung kommt deren Richtung und Dynamik mehr zur Geltung, wenn wir der Bewegungs-Richtung auch auf dem Bild mehr Raum geben.

Auf unserer Gewohnheit von links oben nach rechts unten zu lesen beruht auch die Weise in der wir Bilder aufnehmen. So befindet sich links oben die primäre und rechts unten die sekundäre Bildregion, die auch in dieser Reihenfolge die meiste Aufmerksamkeit beim Betrachten eines Bildes bekommen. In diesem Zusammenhang wäre noch zu beachten, dass die primäre Bildregion des Blick-Eintrittes (links oben) keine hemmenden Elemente (Schatten usw.) enthält. Bevor Betrachter sich von einem Bild lösen, können solche Elemente in der sekundären Bild-Region des Blick-Austrittes (rechts unten) das Entlassen aus dem Bild noch ein wenig verzögern.


Wenn der untere Teil eines Bildes durch größere Bereiche mit dunkleren Farben geprägt ist, drückt dies mehr Erdung, Stabilität und Schwere aus.

Wollen wir, dass das Bild leichter und luftiger wirkt, mit einer Idee von Freiheit und Licht, wählen wir einen Ausschnitt, der oben mehr helle Farben enthält.

Auf diese Weise verstärken wir die symbolische Wirkung der nach oben strebenden Türme.


Auch die dargestellte Richtung von Bewegungen löst entsprechend unserer Gewohnheit, Bilder von links nach rechts zu erfassen, bestimmte Empfindungen aus.

Die Bewegung nach rechts drückt ein vorwärts- oder weg-gehen, Streben in die Ferne, Freiheit, ... aus. Diese Dynamik verstärkt sich mit einer Tendenz der Bewegung nach oben.

Die Bewegung nach links assoziieren wir üblicherweise mit zurückgehen, zurückkehren, dem Heimkehren ins Geborgene, Gewohnte aber auch Unfreie. Die Bewegungs-Richtung wurde beispielsweise in Propaganda-Filmen (Soldaten marschieren ein) sehr sorgfältig gewählt. Hat die Richtung der Bewegung eine Tendenz nach unten, verstärkt das diese Wirkung noch.